22. Türchen

P 22. Dezember 2017+ Renate Waschek
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Dies ist der Adventskalender von Selbstbestimmt Essen für das Jahr 2017!

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Weihnachtsgeschichte


"Also, Sonntag nachmittags gehen wir alle zusammen in die Kirche. Annabel hat dort ja ihren Auftritt. Abends kommen Oma und Opa, nach dem Abendessen singen wir, ich spiele am Klavier und dann die Bescherung." Damit sie alle in Ruhe besprechen konnten, hatte Manfred sich heute schon frei genommen.

"Super Plan, so machen wir es. Wollen wir noch eine Weihnachtsgeschichte aussuchen? Meine Chefin hatte uns eine Geschichte mitgegeben, vielleicht wäre das mal etwas anderes?" Martina kramte in ihrer Tasche, die sie immer mit zur Arbeit nahm, und holte einen Briefumschlag mit Papieren heraus. "Soll mysteriös sein und auch etwas mit einer Geburt zu tun zu haben. Von einer Renate Waschek."

"Ja klar, lass man hören!" Manfred liebte es, sich Geschichten vorlesen zu lassen.

"Also, meine Chefin hat zur Geschichte geschrieben: 'Es ist keine richtige Weihnachtsgeschichte, aber sie handelt auch von einer bevorstehenden Geburt und sie ist mystisch und verwunschen. Vielleicht stimmt es euch ein wenig auf Weihnachten ein. Ich wünsche euch ein wunderbares Fest und einen guten Rutsch! Wir sehen uns im nächsten Jahr!'"

"Da bin ich ja mal gespannt!", sagte Martin und richtete es sich auf seinem Sofa noch mal so richtig bequem ein.
Stopp, ein wichtiger Hinweis für alle, die keine Geschichten mögen! Bitte ganz nach unten scrollen, da gibt es noch ein wunderbares Lied!

"Okay, es geht los!", Martina machte es sich ebenfalls bequem, setzte ihre Lesebrille auf und begann zu lesen:

Wie es kommen kann


Es war eine düstere Novembernacht und ich war allein zu Hause. Der Hund hatte schon ein paar Mal angeschlagen, als er gegen Mitternacht endlich Ruhe gab. Ich wälzte mich noch eine Weile hin und her, hörte das alte Haus ächzen und knarren und war gerade eingeschlafen, als ich spürte, dass es ganz hell im Zimmer geworden war. Ich öffnete die Augen und sah auf dem hinteren Pfosten meines Bettes ein kleines, leicht durchscheinend wirkendes Wesen sitzen.

Ich rieb mir den Schlaf aus den Augen, blinzelte und starrte das kleine Wesen an. Gefährlich schien es mir nicht zu sein, obgleich ich noch nie etwas Ähnliches gesehen hatte. Es trug ein helles Gewand, das sich offensichtlich nicht entscheiden konnte, ob es lieber hell-gelb-golden oder hell, leicht orange-leuchtend sein sollte, sofern Gewänder über so etwas nachdenken, geschweige denn so eine Entscheidung treffen können. Doch gerade mitten in der Nacht erscheint einem vieles wahrscheinlicher, als es dann im Nachhinein betrachtet bei Tageslicht ist. Diese Erfahrung haben Sie gewiss auch schon machen können! Deshalb, so hoffe ich, werden Sie, mein geschätzter Leser jetzt nicht denken, was schreibt dieser Autor doch für einen Unsinn! Natürlich werden Sie nicht glauben, dass es Gewänder gibt, die sich über Farben Gedanken machen oder diese sogar impulsiv wechseln können, das ist mir schon klar. Aber vielleicht nehmen Sie es mir ab, dass dies genau der Eindruck war, den ich von diesem Wesen hatte! Und nur um der Glaubwürdigkeit willen würde ich in diesem Punkt nicht lügen!

Aber ich schweife ab. Kommen wir zurück zu dieser merkwürdigen Begebenheit, die ich eines nachts – bei vollem Bewusstsein wohl bemerkt – in meinem Schlafzimmer hatte. Da saß also dieses kleine Wesen. Seinen Kopf umrahmten blonde und hellbraune Locken, es war schlank von Gestalt und schien gut gelaunt zu sein, denn es wackelte fröhlich mit seinen kleinen Beinchen hin und her, deren Füße in allerliebsten kleinen Pantöffelchen steckten.

„Aha“, schnarrte das kleine Wesen.

Ich weiß nicht, wie ich den Klang seiner Stimme beschreiben kann, denn er war ungewöhnlich und nicht von dieser Welt. Sein Sprechen, auch wenn es sich bist jetzt erst um ein einziges Wort handelte, war kein Sprechen im eigentlichen Sinne, sondern eher ein Knarren, so wie ein Ast knarrt, der im Wind stark und widerwillig bewegt wird; nur im Ton etwas breiter, vermischt mit einer Prise dieses ganz leichten Geräusches, das entsteht, wenn ein Finger sanft über ein Stück Styropor streicht. Nicht dieser unangenehme Klang, wenn jemand das Styropor fest anfasst und daran reibt, bei diesem Geräusch schüttelt es mich jedes Mal. Nein, Sie müssen sich dabei das sanfte, ganz leicht angehauchte Styropor-Streichel-Geräusch vorstellen. Ich weiß, es ist nicht leicht, aber versuchen Sie es bitte trotzdem. Bedenken Sie: Für einen Autor ist es besonders schwer ein Geräusch zu beschreiben und ich gebe hier mein Bestes, weil ich möchte, dass sie alles so nachvollziehen können, wie ich es in dieser Nacht empfunden habe.

Ich blieb stumm und konnte das Wesen nur erstaunt anblicken. Es grinste zufrieden und fuhr fort: „So sieht es also in meinem zukünftigen Heim aus!“ Es drückte mit einer vorwitzigen Geste seinen winzig-kleinen Zeigefinger ausgestreckt rechts an den Mund und ließ seinen kleinen Kopf einmal kreisen, so dass es sich in meinem Schlafzimmer umsehen konnte. Dann sanken seine beiden Arme nach unten und sein Blick blieb an mir hängen. Ich muss wohl mit offenem Mund und weit geöffneten Augen in meinem Bett gesessen haben, jedenfalls hatte ich den Eindruck, es äffte mich nach. Es streckte den Kopf leicht nach vorne, ließ das Kinn samt unterem Mundbereich herabhängen, öffnete seine Augen weit und hob zusätzlich noch die Augenbrauen.

„Ist das hier auf der Erde so eine Art Willkommensgeste? Könnt Ihr Menschen vielleicht doch nicht sprechen, so wie es mir mitgeteilt wurde? Davon steht aber auch nichts in meinem Erden- und Menschenführer. Moment!“ Es langte in die linke Seite seines Gewandes, das in dem Moment eher in Orange-Tönen schimmerte. Aus einer versteckten Tasche zog es ein kleines grünes mit metallischen Verzierungen versehenes Büchlein hervor und begann darin zu blättern. „Ich hätte wohl doch auf meinen Bruder hören und einfach meine geplante Ankunft abwarten sollen. Aber, wie das so ist, meine Neugierde ließ mir keine Ruhe und ich konnte es einfach nicht lassen. Immer das Gleiche, das Unwissen ist eben mit den Ungeduldigen!“ Jetzt färbte sich das Gewand tatsächlich ganz leicht grün. Aber nur für einen kurzen Moment, dann war es wieder orange-glimmend.

„Hm“, begann ich, vorsichtig nach den richtigen Worten tastend. „Erstmal herzlich willkommen in meinem Schlafzimmer, die Uhrzeit ist ungewöhnlich, normalerweise schlafe ich jetzt, aber ich freue mich immer über Besuch, das ganz bestimmt!“ Die letzten Worte versetzte ich mit Nachdruck, um höflich zu wirken.

„Oh, vielen Dank, für diese netten Begrüßungsworte.“ Das kleine Wesen lächelte mich herzerwärmend und liebevoll an. „Es tut mir leid, dass ich dich gestört habe, das war nicht beabsichtigt. Streng genommen ist es verboten, bei den Menschen vorher aufzutauchen.“

„Aha“, machte ich ratlos. „Und was ist dann der Zweck deiner Reise? Du scheinst ja auf Reisen zu sein, mit deinem Reiseführer und wie du dich so umsiehst …“

„Psst“, das Kleine blickte mich nun verschwörerisch an. „Wie schon gesagt, eigentlich darf ich gar nicht hier sein, denn alles soll eine Überraschung sein! Wir dürfen uns schon so einiges aussuchen, den Charakter der Eltern, sind Geschwister da oder nicht, den Kontinent und so weiter. Ganz dem entsprechend, was gelernt werden soll und welche Erfahrungen wichtig sind. Aber schon vorher hier aufkreuzen und mal gucken, das ist verboten.“

„Aha“, konnte ich nur wieder ratlos von mir geben.

Nun blickte das kleine Wesen mich etwas irritiert an. „Hast du noch nie etwas von Seelenwanderung, Wiedergeburt und das alles gehört?“, fragte es dann. „Das kann doch nicht sein! Du bist doch ein Mensch, dann musst du das doch wissen!“ Es schüttelte den Kopf und fasste sich mit beiden Händen an die Stirn.

„Wiedergeburt!“, sprach es, jede Silbe auf eine besondere Art betonend. „Ich bin die Seele deines Kindes!“

„Eh, die Seele meines Kindes?“, wiederholte ich matt. „Ups, das passt jetzt so gar nicht. Ein Kind habe ich für mein Leben nicht geplant.“

„Ah, dann bin ich also ein ungewolltes Kind! Diese Erfahrung habe ich noch nicht gemacht. Das ist sehr interessant, da kann ich mich zu Hause gleich mal schlau machen, welche Störungen so ein Kind bekommt, wenn die Eltern es nicht wollen. Spannende Aufgabe, dann muss ich als Erwachsener bestimmt eine Therapie machen. Nicht schlecht, nicht schlecht.“

Leicht begeistert und ein bisschen nachdenklich wiegte es den Kopf hin und her.

„Doch, das passt! Das passt sogar hervorragend in meine bisherige Planung hinein. Dann ist ja alles paletti! Ich wünsche noch eine geruhsame Nacht und dann bis bald! Wir sehen uns! Ach ja, damit du auch wirklich überrascht bist, wenn ich mich dann ankündige, hinterlasse ich hier noch etwas Vergessensstaub. Wenn du dann geschlafen hast, denkst du, dass es ein Traum war, wenn du dich überhaupt erinnern kannst. Mach’s gut und bis bald! Ich bin schon mal gespannt, was ich für mein Leben aus deinen Erziehungsfehlern lernen kann, du scheinst ein harter Fall zu sein, wenn du keine Kinder haben möchtest!“ Sprach’s aus, zwinkerte mir noch einmal verschmitzt zu und war verschwunden. Ich blickte ihm hinterher und konnte nur noch einer feinen glitzernden Staubspur folgen, die sich durch mein Zimmer zog.

So, das war die Geschichte" Martina legte die Blätter beiseite.
"Tja, ich weiß nicht so recht, was ich von der Geschichte halten soll", Manfred sinnierte. "Ob das meinen Eltern gefallen würde?"
"War auch nicht so richtig weihnachtlich, mehr so pädagogisch, oder?"
"Aber auch interessante Ideen drin, finde ich." Martina und Manfred sahen sich an.

"Nehmen wir einfach die Weihnachtsgeschichte!", prusteten sie gemeinsam in den Raum. Wie schön, die Liebe zwischen sich spüren zu können.


Christmas Time Is Here
(Daniela Andrade ft. Cutest Dog in the Galaxy)



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